Holle, weiße Wunderfrau,
Hast viele Gesichter, doch ich kenn´sie genau:
Wenn der Frühling zieht wohl übers Land,
zeigst Du uns Dein jungfräulich´ Gewand.
Und wenn im Mai die Blüten erblüh´n,
dann strotzt Du vor saftigem, satten Grün.
Wenn Elfen tanzen zur Mittsommernacht,
zeigst Du Dich in Deiner Hochzeitspracht.
Die Blütenküchlein mit Zucker bestreut
hätten auch Lady Titania erfreut.
Und kommt im Herbst die Erntezeit,
hälst Du deine schwarzen Beeren bereit.
Ihr dunkelroter, süßer Saft
gibt zur dunklen Zeit uns rechte Kraft.
Und kommt der Winter dann, der kalte,
bist Du ganz die knorrige Alte:
Während wir huldigen der Mütternacht,
hälst Du über die tote Seelen Wacht.
Holle, Du Holde, Du Heilende, Du Weise,
Gelobt sei Dein Name, gepriesen Deine Speise.
Du zeigst Dich als Junge, als Reife, als Alte
und nährst unser Feuer, vertreibst alles Kalte.
(Andrea Homersen, Quelle: Frauenpfade )
Was schon lange auf dem Plan stand, konnte endlich umgesetzt
werden! Nuit, Anarion und ich reisten zur Heimat der wohl bekanntesten und am
meisten verehrten Hauptgöttin unseres Landes. Man nennt sie u.a. Holda,
Perchta, Bertha, Frau Frecke, Murawa, Frau Gode, Frau Haule oder einfach FRAU
HOLLE. Viele stellen wegen der Wesensgleichheit Bezüge zur Germanischen Göttin
Freya her oder zur Römischen Diana. Das Märchen von Frau Holle kennt jeder. Sie
ist aber viel, viel mehr und Dank überlieferter Sagen, Märchen, Bräuche und
vorhandener Kultplätze weiß man über sie mehr als über so manch andere
Gottheit.
Freitag, 8. Februar 2013:
Nachdem Anarion und ich eine kleine Whisky-Destillerie im Harz (Hammerschmiede)
besucht haben, wurde Nuit in Nordhausen eingesammelt und ab ging es zur Karsthöhle
am Hohlstein bei Hilgershausen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, den
richtigen Weg und vor allem, den Ausgangsstartpunkt zu finden, konnten wir
durch die weiße Landschaftspracht quer übers Feld vorbei am Hexenteich Richtung
Höhle marschieren. Diese wurde 1267 erstmals erwähnt und gilt als älteste
namentlich nachweisbare Höhle Deutschlands. Leider ist die Höhle im Winter
durch ein Gitter verschlossen, weil hier eine seltene Fledermausart ihren
Winterschlaf hält. Das Wasser des kleinen Höhlensees im vorderen Bereich der
Höhle gilt als wunderkräftig, es soll heilen, verjüngen und die Schönheit
erhalten, wenn man sich in der Osternacht mit dem Wasser wusch und auf dem
Rückweg schwieg. Junge Frauen badeten im See, wenn sie sich ein Kind wünschten.
Wir haben trotzdem unser Gesicht unter die tropfenden Eiszapfen am Höhenrand gehalten,
schaden kann es nicht. *lach* Archäologen stellten fest, dass es sich hier um
einen Kultplatz zur Verehrung der Erdgöttin Holle handelte.
Hexenteich (Nähe Karsthöhle)
Eingang Karsthöhle
Samstag, 9. Februar 2013:
Unser erstes Ziel sollte die
Kitzkammer am Hohen Meißner sein. „Warum kurz, wenn es auch lang geht.“ Der
„falsche“ Weg mit einigen Hindernissen zwang uns zu einer längeren Wanderung
durch tiefen Pulverschnee und mit Schweiß auf der Stirn stampften wir quer
durch Wald und Feld immer mit dem Segen von Frau Holle in Form von lieblichen
blütenreichen Schneeflocken, die nur, wie ich von Nuit erfahren habe, bei einer
Temperatur von minus 2 Grad so schön anzuschauen sind.
Irgendwann erreichten wir endlich die Kitzkammer, eine
Felswand aus Basaltsäulen, sehr beeindruckend. Es wird erzählt, dass man dort
gelegentlich eine „hohe weiße Frau“ mit einem mächtigen Schlüsselbund sieht.
Oder auch, dass Frau Holle zänkische Mädchen in Katzen verwandelte und diese in
die Kitzkammer einsperrte. Nachdem wir die Magie des Ortes ausgiebig genossen
hatten, ging es zurück zum Auto, welches wir in ca. 10 Minuten erreichten. Tja,
wie gesagt, warum kurz, wenn es auch lang geht, wir hatten den „falschen“ Weg
gewählt, was sich aber letztendlich als Segen herausstellte, weil wir so eine
wundervolle Landschaft und eine tolle Wanderung genießen konnten.
Kitzkammer
Weiter ging es quer durch den Schnee zum Frau-Holle-Stuhl,
auch dieser Rundgang entpuppte sich als fast zweistündige Wanderung. Hier soll
Frau Holle an schönen Sommertagen im weißen Kleid gesessen und ihr Haar gekämmt
haben. Wer sich auf diesen Stuhl setzt, wird gesund, heißt es. Leider haben wir
diesen Stuhl nicht gefunden. Für unsere Gesundheit haben wir trotzdem etwas
getan.
Der Frau-Holle-Teich stand heute als Letztes auf dem
Programm. Dieser ist leicht per Auto zu erreichen, wir waren etwas überrascht,
dass die Straße so nah an diesem wundervollen Kultort vorbeiführt. Dieser Ort
strahlt eine starke Ruhe aus und positive Kraft wird ihm nachgesagt. Hier soll
der Eingang zu Frau Holles Reich sein.
(Blick über den zugefrorenen Holle-Teich)
Am Teich befindet sich eine 3,15 Meter hohe
Holle-Skulptur des Künstlers Viktor Donhauser und seines Sohnes (2004 erbaut).
Hier wurde Holle als Jungfrau dargestellt. Eigentlich kann man die Statue nur
vom Ufer aus sehen, aber der Winter ermöglichte es uns, ihr sehr nahe zu
kommen. Die Figur ist viel schöner, als man es auf den Bildern sieht, wir waren
alle dermaßen überrascht und beeindruckt. Und es ist traurig, wenn man Berichte
im Internet liest, dass es tatsächlich Menschen gibt, die diese wundervolle
Statue zerstören wollten, weil es angeblich ein Unding wäre, Frau Holle als
junge Göttin darzustellen. Wir genossen die Ruhe am See und fühlten die Kraft
Holles und immer mehr schlossen wir diese lokale Gottheit in unser Herz.
Die kleine Holle-Figur, die Waldarbeiter Ferdinand Urff 2001
mit seiner Motorsäge geschnitzt hat.
Sonntag, 10. Februar 2013:
Die Sonne schien, der
Pulverschnee glitzerte und auf dem Heimweg nach Dresden machten wir an den
Hollsteinen – drei Felsen aus Zechsteinkalk – halt. Der größte ist etwa 5 Meter hoch. Am mittleren
Felsen findet man einen aus Stein herausgearbeiteten, etwa 25 cm großen Löwenkopf.
Katzen und Löwen zählten zu den Lieblingstieren der Göttin Holle und es wird
vermutet, dass auch hier ein alter Holle-Kultplatz war, zumal man daneben auch
eine Quelle findet. Einer alten Überlieferung nach soll Frau Holle Steine im
Schuh gedrückt haben und sie schüttete sie hier aus.
(Löwenkopf)
Als letztes Holle-Ziel fuhren wir zum Todstein bzw.
Abteröder Bär, einem wunderschönen und auffälligen Fels. Man sagt, Frau Holle
habe ihn auf dem Daumen vom Meißner dorthin geworfen. Eine andere Geschichte
erzählt, dass Frau Holle zwei Riesen verwandelte, weil diese sich grämten, nach
dem Tod nicht mehr vereint sein zu können. Der Riesenmann wurde in die Gestalt
eines Bären verwandelt und die Riesenfrau in eine Linde, ca. 100 Schritte vom
Fels entfernt, damit sie sich nach dem Tod gleich wiederfinden. Man vermutet
eine altheidnische Opferstätte, zu Ehren von Frau Holle wurde hier das Ende des
Winters und der Beginn des Frühlings zeremoniell gefeiert. Noch heute werden
auf dem Berg die Osterfeuer abgebrannt.
Nicht weit von dieser Opferstätte steht eine alte
beeindruckende Kirchenruine und dort entdeckten wir eine uralte Linde,
vermutlich die verzauberte Riesin.
(mitten durch die Ruine führt ein Wanderweg :-D )
(alte Linde)
Ich danke Nuit und Anarion für dieses wundervolle Wochenende
und die Neuentdeckung dieser spannenden lokalen Göttin, welche nicht nur im
Winter eine Rolle spielt. Hoher Meißner, wir kommen im Sommer wieder!!! Und
Frau Holle, du bist sowieso in unseren Herzen!
Quelle:
Broschüre Frau Holle:
Lese-Tipps:
Gardenstone, Göttin Holle: Auf der Suche nach einer alten
Göttin
Heide Göttner-Abendroth, Frau Holle - Das Feenvolk der
Dolomiten: Die großen Göttinnenmythen Mitteleuropas und der Alpen. Neu erzählt
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